Die freie Energie und die gebundene Energie
Mit Hilfe der freien Energie und der gebundenen Energie soll die innere Energie in zwei Anteile zerlegt werden: Die freie Energie soll allein durch die Zufuhr von mechanischer Arbeit und die gebundene Energie allein durch die Zufuhr von Wärme verändert werden. Diese Zerlegung lässt sich allerdings nur für isotherme Prozesse durchführen. Die Eigenschaften der freien und gebundenen Energie werden für die isotherme Zustandsänderung und andere einfache Prozesse diskutiert.
- Einordnung des Artikels
- Einführung
- Motivation und Definition der freien Energie und der gebundenen Energie
- Die natürlichen Variablen der freien Energie
- Freie und gebundene Energie für das ideale einatomige Gas
- Die Temperatur- und Volumenabhängigkeit
- Graphische Darstellung
- Eigenschaften der freien und gebundenen Energie
- Beispiele
- 1. Beispiel: isotherme Zustandsänderung
- 2. Beispiel: adiabatische Zustandsänderung
- 3. Beispiel: isochore Zustandsänderung
Einordnung des Artikels
- Ausgewählte Kapitel der Mathematik (für Programmierer, Informatiker, Ingenieure und Naturwissenschaftler)
- Anwendungen in Physik und Technik
- Thermodynamik
- Die Berechnung der Entropie des idealen einatomigen Gases
- Die innere Energie als thermodynamisches Potential
- Die freie Energie und die gebundene Energie
- Thermodynamik
- Anwendungen in Physik und Technik
Fortgeführt werden die Untersuchungen zur freien Energie in Eigenschaften der thermodynamischen Potentiale: Die freie Energie.
Einführung
In Die innere Energie als thermodynamisches Potential wurde diskutiert, welche Eigenschaften die innere Energie als ein thermodynamisches Potential auszeichnen. Ein weitere wichtiges thermodynamisches Potential ist die Helmholtzsche freie Energie F. Bevor diskutiert wird, warum auch sie ein thermodynamisches Potential ist und unter welchen Bedingungen die Beschreibung eines thermodynamischen Systems mit Hilfe der freien Energie einfacher ist als mit der inneren Energie, soll hier gezeigt werden:
- Welche Motivation verbirgt sich hinter der Einführung der freien Energie?
- Warum sollte die freie Energie immer zusammen mit der gebundenen Energie diskutiert werden?
- Welche einfachen Eigenschaften besitzen die freie und die gebundene Energie?
- Wie berechnet man die freie und die gebundene Energie für das ideale Gas?
- Wie kann man diese Eigenschaften an möglichst einfachen Beispielen demonstrieren?
Motivation und Definition der freien Energie und der gebundenen Energie
Der erste Hauptsatz
dU = dQ + dW
kann folgendermaßen gelesen werden: Die innere Energie U kann durch die Zufuhr von mechanischer Arbeit beziehungsweise Wärme verändert werden. Welche Energieformen in der inneren Energie enthalten sind (potentielle Energien, kinetische Energien und so weiter), kann aus dem ersten Hauptsatz nicht abgelesen werden.
Die Diskussion des Carnot–Prozesses hat gezeigt, dass Wärme und mechanische Arbeit eine völlig unterschiedliche Qualität besitzen: mechanische Arbeit kann in jede beliebige Energieform verwandelt werden, dagegen kann die Wärme (wie sie etwa zwischen zwei zwei Wärmebädern mit unterschiedlichen Temperaturniveaus ausgetauscht wird) nicht beliebig in mechanische Arbeit verwandelt werden.
Versucht man diese beiden Punkte zu vereinigen, so wird man annehmen, dass die innere Energie U eigentlich in zwei Bestandteile zerlegt werden kann: diejenigen Energien, die frei in andere Energieformen umgewandelt werden können, und diejenigen, die wie die Wärme nur begrenzt in andere Formen überführt werden können.
Man wird daher versuchen die innere Energie U als Summe einer freien Energie F und einer gebundenen Energie G zu schreiben:
U = F + G .
Und zwar so dass die Zufuhr von mechanischer Arbeit zu einer Veränderung von F und die Zufuhr von Wärme zu einer Veränderung von G führt:
dF = dW, dG = dQ.
Die folgende Diskussion wird zeigen:
- Die Helmholtzsche freie Energie F = U - TS und die Helmholtzsche gebundene Energie G = TS liefern genau diese Zerlegung der inneren Energie in die beiden gesuchten Bestandteile. (Dabei sind natürlich T die Temperatur und S die Entropie.)
- Allerdings ist dies lediglich für isotherme Prozesse möglich, so dass man F und G besser als die freie Energie für isotherme Prozesse beziehungsweise gebundene Energie für isotherme Prozesse bezeichnen sollte.
Abbildung 1 zeigt eine einfache Überlegung, wie man für isotherme Prozesse die Zerlegung der inneren Energie U in die beiden gesuchten Anteile freie Energie F und gebundene Energie G finden kann:
- Der erste Hauptsatz wird so umgeformt, dass die Änderung der inneren Energie durch mechanische Arbeit -pdV rechts steht (siehe Gleichung (1) in Abbildung 1).
- Für isotherme Prozesse gilt d(TS) = TdS, daher kann Gleichung (1) jetzt wie Gleichung (2) geschrieben werden.
- Dies bedeutet aber, dass man die freie Energie F = U - TS gefunden hat und damit G = U - F bilden kann (siehe Gleichung (3) in Abbildung 1).
- Für isotherme Zustandsänderungen gelten jetzt die Gleichungen (4); es muss noch untersucht werden, ob diese Gleichungen auch für andere Zustandsänderungen gelten.
- Da die Entropie nur bis auf eine additive Konstante definiert ist, sollte man F und G besser wie in Gleichung (5) mit der Entropie S0 des Referenzzustandes schreiben.
Die natürlichen Variablen der freien Energie
In Die innere Energie als thermodynamisches Potential wurde diskutiert, dass man die innere Energie sowohl als Funktion der extensiven Variablen S und V als auch als Funktion von T und V darstellen kann. Aber die beiden Funktionen sind nicht gleichwertig, da man nur aus U = U(S, V) die thermische und kalorische Zustandsgleichung rekonstruieren kann. Daher werden die Entropie S und das Volumen V als die natürlichen Variablen der inneren Energie bezeichnet.
Die Definition der freien Energie durch F = U - TS verrät auf den ersten Blick nicht, welche Variablen die natürlichen Variablen der freien Energie sind. Dazu dient die Überlegung aus Gleichung (2) in Abbildung 2:
- Aus der Definition von F beziehungsweise G lässt sich das vollständige Differential dF beziehungsweise dG bilden.
- Es kann auf verschiedene Arten dargestellt werden: entweder indem man es durch dW und dQ oder indem man es durch Zustandsgrößen ausdrückt.
- In der ersten Darstellung von dF und dQ (siehe Gleichung (3) in Abbildung 2) ist die physikalische Bedeutung von F und G besser erkennbar; sie versucht die in der Motivation besprochenen Eigenschaften von F unf G auszudrücken und wird weiter unten ausführlicher diskutiert.
- In der Darstellung von dF nach Gleichung (4) erkennt man, dass Temperatur T und Volumen V die natürlichen Variablen der freien Energie F sind: F = F(T, V).
- Und da dF ein vollständiges Differential ist, gelten für die beiden partiellen Ableitungen von F (nach T beziehungsweise V) die Gleichungen (5).
Freie und gebundene Energie für das ideale einatomige Gas
Die Temperatur- und Volumenabhängigkeit
Nachdem gezeigt wurde, dass Temperatur T und Volumen V die natürlichen Variablen der freien Energie sind, ist es einfach, für das ideale einatomige Gas die freie Energie zu berechnen. Man muss dazu nur in F = U - TS die innere Energie U und die Entropie S durch die Variablen T und V ausdrücken. Beim idealen Gas ist die innere Energie vom Volumen unabhängig; für das einatomige ideale Gas gilt Gleichung (1) in Abbildung 3. Die Entropie S = S(T, V) wurde in Die Berechnung der Entropie des idealen einatomigen Gases hergeleitet, die Funktion ist in Gleichung (2) gezeigt. Da man den absoluten Wert der Entropie nicht bestimmen kann, wird meist für einen Referenzzustand die Entropie willkürlich festgelegt.
Setzt man die innere Energie und die Entropie in die Definition der freien und gebundenen Energie ein, kann man die Funktionsterme F = F(T, V) und G = G(T, V) berechnen, für die aufgrund der Rechengesetze des Logarithmus unterschiedliche Darstellungen möglich sind, siehe Gleichung (3) - (8).
Graphische Darstellung
Abbildung 4 zeigt (links) die innere Energie U und (rechts) die Entropie S als Funktion als Funktion von Temperatur T und Volumen V (nach Gleichung (1) und (2) in Abbildung 3). Die Skalierung der Achsen wurde hier so gewählt, dass die Abhängigkeiten nicht nur qualitativ dargestellt werden, sondern sogar quantitativ richtig sind und zwar mit folgenden Vereinbarungen:
- Für die Stoffmenge gilt: n = 1 mol.
- Der Referenzzustand für die Berechnung der Entropie wird mit T0 = 273 K und V0 = 22.4 dm3 angenommen (Normbedingungen).
- Es gilt somit S0 = S (T0, V0) = 0.
- Auf der z-Achse wird dann die Energie in J beziehungsweise die Entropie in J/K aufgetragen.
De innere Energie U nimmt linear mit T zu und ist vom Volumen unabhängig. Die Entropie wächst sowohl mit der Temperatur als auch mit dem Volumen logarithmisch.
Abbildung 5 zeigt die freie Energie F(T, V) (links) und die gebundene Energie G(T, V) (rechts) nach Gleichung (4, 5) und (7, 8) in Abbildung 3.
In Abbildung 6 werden U(T), F(T, V) und G(T, V) in einem Diagramm dargestellt. Zur besseren Orientierung wird der Referenzzustand schwarz eingetragen. Die Darstellung ist bereits sehr unübersichtlich, aber man kann dort, wo sich die Funktionswerte deutlich voneinander unterscheiden, den allgemeinen Zusammenhang nachvollziehen:
U(T) = F(T, V) + G(T, V).
Eigenschaften der freien und gebundenen Energie
Man kann jetzt sowohl an den Funktionstermen von F und G (nach Gleichung (4, 5) und (7, 8) in Abbildung 3) als auch an den Graphen (Abbildung 5) diskutieren:
- Wie hängen F und G von Temperatur T und Volumen V ab?
- Sind diese Abhängigkeiten im Einklang mit der Interpretation, dass die freie und gebundene Energie diejenigen Energien beschreiben, die frei in andere Energieformen umgewandelt werden können oder nicht?
Dazu zeigt Abbildung 7 die Funktionen, die für das Verständnis der Funktionsterme der Entropie S(T, V), der freien Energie F(T, V) und der gebundenen Energie G(T, V) wichtig sind:
- Die konkave (rechtsgekrümmte) Funktion ln x (natürlicher Logarithmus). Die Funktion geht für x → ∞ zwar gegen unendlich, aber langsamer als linear.
- Die konvexe (linksgekrümmte) Funktion x·ln x. Die Funktion geht schneller als linear gegen ∞.
- Die konkave Funktion x·(1 - ln x). Die Funktion fällt steiler ab als y = -x.
- Die konvexe (linksgekrümmte) Funktion x·(1 + ln x). Die Funktion steigt steiler an als y = x.
Für die freie Energie F(T, V) gilt:
- Die Temperaturabhängigkeit ist wie in x·(1 - ln x).
- Die Volumenabhängigkeit ist wie in -ln x.
Für die gebundene Energie G(T, V) gilt:
- Die Temperaturabhängigkeit ist wie in x·(1 + ln x).
- Die Volumenabhängigkeit ist wie in ln x.
Aufgabe: Vergleichen Sie dazu die Graphen in den Abbildungen 5 und 7 und beschreiben Sie die T- und V-Abhängigkeit der Funktionen F(T, V) und G(T, V).
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Am Einfachsten lassen sich die Temperatur- und Volumenabhängigkeit der Funktionen F(T, V) und G(T, V) nachvollziehen, wenn man vom Referenzzustand ausgeht (T0, V0), für den gilt:
S(T0, V0) = 0.
Der Referenzzustand wurden in Abbildung 6 schwarz gekennzeichnet. In Abbildung 4 recht erkennt man: Die Funktion S(T, V) ist in beiden Variablen streng monoton zunehmend.
Daraus kann man das Verhalten von F(T, V) und G(T, V) in der Umgebung des Referenzzustandes ableiten (T0, V0):
- Es gilt: F(T0, V0) = U(T0).
- Entsprechend muss gelten: G(T0, V0) = 0.
- Bewegt man sich parallel zu den Koordinatenachsen, so gilt für T > T0 oder V > V0: F(T, V) < U(T0) und G(T, V) > 0.
- Und umgekehrt gilt für T < T0 oder V < V0: F(T, V) > U(T0) und G(T, V) < 0.
- Bewegt man sich ausgehend vom Referenzzustand (T0, V0) auf einer Adiabate (auf der Entropie konstant bleibt), so gilt F(T, V) = U(T0) und G(T, V) = 0.
Aufgabe: Versuchen Sie die letzten Aussagen an Abbildung 5 unf 6 nachzuvollziehen.
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Die Beispiele unten werden diese Aussagen veranschaulichen.
Beispiele
1. Beispiel: isotherme Zustandsänderung
Ein ideales einatomiges Gas soll isotherm und reversibel auf das halbe Volumen komprimiert werden; der Anfangszustand sind die Normbedingungen. Abbildung 8 zeigt die Berechnung der relevanten Energien:
- Im Endzustand ist der Druck gegenüber dem Anfangsdruck verdoppelt.
- Die innere Energie bleibt konstant.
- Die zugeführte mechanische Arbeit ΔW wird als Wärme ΔQ an die Umgebung abgegeben. Die beiden haben somit gleichen Betrag aber entgegengesetztes Vorzeichen.
- Die freie Energie nimmt um die mechanische Arbeit ΔW zu.
- Die Änderung der gebundenen Energie berechnet sich aus der abgegebenen Wärme ΔQ.
Aufgabe: Veranschaulichen Sie sich die soeben besprochene isotherme Zustandsänderung in Abbildung 5.
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Das Beispiel der isothermen Zustandsänderung demonstriert somit die Gleichungen (4) aus Abbildung 1 – und somit, dass man F und G besser als die freie und gebundene Energie für isotherme Zustandsänderungen bezeichnen sollte.
Der Term SΔT (differentiell SdT), der für einen Energieaustausch zwischen freier und gebundener Energie verantwortlich ist, tritt hier nicht auf. Die nächsten Beispiele werden diesen zusätzlichen Term diskutieren.
2. Beispiel: adiabatische Zustandsänderung
Der Anfangszustand aus dem ersten Beispiel wird jetzt für eine adiabatische Zustandsänderung verwendet (wieder eine Kompression bis zum halben Volumen). Abbildung 9 zeigt die zugehörigen Berechnungen:
- Für die Berechnung des Endzustandes werden die Poisson-Gleichungen der adiabatischen Zustandsänderung verwendet.
- Da Entropie konstant ist, stimmt die Zunahme der inneren Energie mit der zugeführten mechanischen Arbeit überein; diese ist jetzt größer als bei der isothermen Kompression bis zum halben Volumen.
- Vergleicht man die Adiabate mit der Isothermen einer Kompression, die im identischen Anfangszustand starten im pV-Diagramm, so liegt die Adiabate stets oberhalb der Isothermen. Daher muss zur adiabatischen Kompression auf das halbe Volumen mehr mechanische Arbeit aufgewendet werden als bei der isothermen Kompression.
- Berechnet man jetzt die Veränderungen der freien beziehungsweise gebundenen Energie, so erhält man (siehe Gleichung (1) in Abbildung 9) auf den ersten Blick das identische Ergebnis wie bei der isothermen Kompression: die freie Energie steigt um die zugeführte mechanische Arbeit ΔW und die gebundene Energie bleibt unverändert.
Das letzte Ergebnis (also Gleichung (1)) scheint im Widerspruch zur Gleichung (3) in Abbildung 2 zu stehen, wonach es bei nicht-isothermen Zustandsänderungen einen Term SdT gibt, der dafür sorgt, dass Energie zwischen der freien und gebundenen ausgetauscht wird. Hier sorgte die Wahl des Referenzzustandes dafür, dass dieser "Austausch-Term" gleich 0 ist. Das folgende Beispiel wird seine Relevanz besser veranschaulichen.
Aufgabe: Versuchen Sie die adiabatische Zustandsänderung in den Abbildungen 4 und 5 zu veranschaulichen und den Zusammenhang zu den Berechnungen in Abbildung 9 herzustellen. (Um die drei-dimensionalen Diagramme übersichtlicher zu gestalten, ist der Endzustand nicht im Definitionsbereich der Funktionen enthalten.)
3. Beispiel: isochore Zustandsänderung
Abbildung 10 zeigt die Berechnungen für eine isochore Zustandsänderung: Der Anfangszustand wird wie in den beiden vorherigen Beispielen gewählt; er ist zugleich der Referenzzustand für die Berechnung der Entropie. Das ideale einatomige Gas wird so lange erwärmt bis sich die Temperatur verdoppelt hat. Dann hat sich auch der Druck verdoppelt.
Um den Term SdT besser zu verstehen, der für den Energieaustausch zwischen freier und gebundener Energie verantwortlich ist, sollte man die Berechnungen mit denen zur adiabatischen Zustandsänderung vergleichen. Es folgt die Beschreibung der Berechnungen zur isochoren Erwärmung:
- Der Endzustand besitzt gegenüber dem Anfangszustand identisches Volumen, aber verdoppelte Temperatur und verdoppelten Druck.
- Am Gas wird keine mechanische Arbeit verrichtet. Die zugeführte Wärme wird vollständig in innere Energie umgewandelt.
- Aus der Temperaturdifferenz zwischen Anfangs- und Endzustand kann man den Zuwachs an innerer Energie berechnen.
- Die Entropie ist eigentlich von T und V abhängig, S = S(T, V); da hier das Volumen konstant bleibt, ist nur die Temperaturabhängigkeit relevant. Die Entropie nimmt logarithmisch mit der Temperatur zu. Die Entropiezunahme resultiert aus der Zufuhr von Wärme.
- Aus der Entropie kann man jetzt die gebundene Energie G = TS(T) berechnen; sie hängt von der Temperatur wie T·lnT ab. Und durch Einsetzen der Zahlenwerte erhält man die gebundene Energie für den Anfangs- und Endzustand sowie ihre Veränderung bei der gesamten Zustandsänderung.
- Aus Letzterem erkennt man, dass der Zuwachs der gebundenen Energie größer ist als die zugeführte Wärme. Daher muss eine weitere "Quelle" für die gebundene Energie existieren.
- Entsprechend werden die freie Energie für den Anfangs- und Endzustand sowie ihre Veränderung berechnet. Hier erkennt man, dass die Abnahme der freien Energie kleiner ist als null und somit nicht mit der verrichteten mechanischen Arbeit übereinstimmt. Die freie Energie ist gerade die zuletzt genannte "Quelle" der gebundenen Energie.
Die letzten beiden Punkte aus obiger Beschreibung illustrieren die vollständigen Differentiale für F und G: beide bestehen aus zwei Summanden, die man jetzt leicht zuordnen kann:
- Die freie Energie verändert sich durch die Zufuhr von mechanischer Arbeit (-pdV) und durch die Abgabe von Energie an die gebundene Energie (-SdT), wobei letzterer Term nur bei einer Temperaturveränderung auftritt. Dieser Term wurde oben als Energieaustausch zwischen freier und gebundener Energie bezeichnet.
- Die gebundene Energie verändert sich durch die Zufuhr von Wärme und dem Energieaustausch.
Bei der adiabatischen Zustandsänderung war der Energieaustausch gleich null. Aber man kann jetzt besser verstehen, wie dies mit der Wahl des Nullpunktes der Energien zusammenhängt:
- Die innere Energie wird hier gemäß U(T) = 3nRT/2 berechnet, was zugleich bedeutet, dass bei T = 0 die innere Energie gleich 0 ist. Man könnte aber auch einen beliebigen Wert U0 addieren, also U(T) = 3nRT/2 + U0 verwenden. Die Energie U0 ist für alle Überlegungen irrelevant.
- Entsprechend kann man die Nullpunkte der freien und gebundenen Energie frei wählen; man muss dabei nur die Einschränkung U = F + G beachten.
- Letzteres bedeutet: hat man einmal den Nullpunkt der inneren Energie festgelegt, kann man die freie Energie gemäß
F = U - T(S - S0) und G = T(S - S0)
definieren. Für den Wert S0 kann man dabei jeden beliebigen Wert einsetzen, da die Gleichung U = F + G erfüllt bleibt.
Aufgaben:
1. Versuchen Sie die isochore Zustandsänderung in den Abbildungen 4 und 5 zu veranschaulichen und den Zusammenhang zu den Berechnungen in Abbildung 10 herzustellen.
2. Wie ändern sich die Berechnungen zur adiabatischen Zustandsänderung, wenn man für S0 einen Wert ungleich 0 vereinbart?
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In Abbildung 11 werden die innere Energie, Entropie, freie Energie und gebundene Energie in ihrer Temperaturabhängigkeit während der isochoren Erwärmung veranschaulicht. Dabei ist zu beachten: Die Skalierungen der Achsen wurde jeweils so gewählt, dass die Kurven übersichtlich dargestellt werden; einen Vergleich der Werte erschwert dies. Aber die Kurven sind nicht nur qualitativ richtig, sondern die Zahlenwerte stimmen mit Berechnungen oben überein.
Um die innere Energie, freie Energie und gebundene Energie besser vergleichen zu können, werden die drei Funktionen in Abbildung 12 in einem Diagramm dargestellt. Man erkennt jetzt besser, wie sich die drei Größen bei Zunahme der Temperatur verändern.