Der Carnot-Prozess und der Carnot-Faktor
Der Carnot-Prozess ist sowohl inhaltlich als auch methodisch wichtig für die Thermodynamik: Seine Analyse liefert zahlreiche Einsichten in ihre Konzepte, Argumentationsweisen und technische Anwendungen.
- Einordnung des Artikels
- Einführung
- Der Carnot-Prozess und die Dampfmaschine
- Isotherme und adiabatische Zustandsänderungen
- Der Carnot-Prozess
- Der Carnot-Prozess als Modell der Dampfmaschine
- Die Formulierung der Hauptsätze der Thermodynamik
- Die Analyse des Carnot-Prozesses
- Analyse ohne Verwendung des zweiten Hauptsatzes
- Die Voraussetzungen für der Berechnung des Wirkungsgrades
- Herleitung des maximalen Wirkungsgrades einer Wärmekraftmaschine
- Abstrakte Beschreibung einer Wärmekraftmaschine
- Berechnung des Wirkungsgrades einer Wärmekraftmaschine
Einordnung des Artikels
- Ausgewählte Kapitel der Mathematik (für Programmierer, Informatiker, Ingenieure und Naturwissenschaftler)
- Anwendungen in Physik und Technik
- Thermodynamik
- Der Carnot-Prozess
- Thermodynamik
- Anwendungen in Physik und Technik
Einführung
Der Carnot-Prozess ist aus mehreren Gründen äußerst wichtig für die Thermodynamik:
- Als Kreisprozess liefert er ein Paradebeispiel für eine Wärmekraftmaschine. Viele in der Technik tatsächlich eingesetzte Wärmekraftmaschinen verhalten sich sehr ähnlich wie ein Carnot-Prozess. (Carnot verwendete den Carnot-Prozess, um die Dampfmaschine zu modellieren.)
- Betrachtet man den Carnot-Prozess auf einer abstrakteren Ebene, könnte man sogar sagen, dass er alle relevanten Eigenschaften zeigt, die eine Wärmekraftmaschine besitzt.
- Entsprechend kann die Analyse des Carnot-Prozesses auf verschiedenen Ebenen erfolgen: Entweder man modelliert ihn mit einem idealen Gas und berechnet seinen Wirkungsgrad nur mit Hilfe der thermischen Zustandsgleichung (des idealen Gases) und des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik. Oder man leitet aus dem zweiten Hauptsatz ab, wie groß der Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses maximal sein kann, wenn er zwischen zwei Temperaturniveaus T und T0 betrieben wird.
- Diese zweite Herleitung kann dann auf jede Wärmekraftmaschine übertragen werden, die zwischen den Temperaturniveaus T und T0 arbeitet. Der maximal mögliche Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine wird dann meist als Carnot-Faktor bezeichnet.
- Historisch gesehen war die Analyse des Carnot-Prozess durch Sadi Carnot (1824) ein Meilenstein in der Entwicklung der Thermodynamik. Carnot konnte mit den damaligen Kenntnissen die Berechnung des Wirkungsgrades nicht vollständig ausführen (die allgemeine Zustandsgleichung des idealen Gases und der erste Hauptsatz waren noch nicht formuliert; seine Berechnungen erscheinen daher aus heutiger Sicht sehr umständlich und sind nur schwer nachzuvollziehen). Dennoch hat er mit unvorstellbarem Scharfsinn Schlussfolgerungen aus seinen Untersuchungen gezogen, die zur Klärung zahlreicher Probleme der Thermodynamik und vor allem zur Formulierung des zweiten Hauptsatzes führten.
In den folgenden Abschnitten wird die Analyse des Carnot-Prozesses auf den verschiedenen Ebenen gezeigt. Dies geschieht allerdings mit Methoden, die heute in der Thermodynamik üblich sind. Der Gedankengang Carnots kann hier nicht nachgezeichnet werden, auch eine angemessene historische Würdigung seiner Arbeiten kann hier nicht erfolgen.
Der Carnot-Prozess und die Dampfmaschine
Isotherme und adiabatische Zustandsänderungen
Der Carnot-Prozess, der später genauer gezeigt wird, setzt sich aus zwei isothermen und zwei adiabatischen Zustandsänderungen zusammen. Für ein ideales Gas gelten dafür das Gesetz von Boyle-Mariotte und die Poisson-Gleichungen.
Das Gesetz von Boyle-Mariotte gibt an, dass bei der Expansion beziehungsweise Kompression eines Gases Druck p und Volumen V umgekehrt proportional zueinander sind, wenn die Temperatur T konstant gehalten wird, was als Formel meist ausgedrückt wird durch:
p·V = const für T = const.
Die Poisson-Gleichungen beschreiben die Zusammenhänge zwischen den Größen Druck, Volumen und Temperatur wieder bei einer Expansion beziehungsweise Kompression eines idealen Gases, wenn kein Wärmeaustausch mit der Umgebung stattfinden kann. Der hier relevante Zusammenhang zwischen Druck und Volumen lautet:
p·Vκ = const,
wobei der Adiabatenkoeffezient κ durch die molaren Wärmekapazitäten Cp und CV gegeben ist:
κ = Cp / CV.
Der Index in der molaren Wärmekapazität gibt an, welche Größe bei der betrachteten Zustandsänderung konstant gehalten wird. Für ideale einatomige Gase gilt
κ = 5/3,
für Luft gilt in guter Näherung
κ = 7/5.
Liest man p·V = const. und p·Vκ = const als Funktionen p = p(V), so folgt aus der Tatsache
Cp > CV,
dass im pV-Diagramm adiabatische Zustandsänderung durch steilere Kurven als isotherme Zustandsänderungen dargestellt werden. Abbildung 1 zeigt Scharen von Isothermen (gestrichelt) und Adiabaten (durchgezogen), wobei die Skalierung der Achsen willkürlich gewählt wurde.
Der Carnot-Prozess
Der Carnot-Prozess ist im pV-Diagramm in Abbildung 2 dargestellt, die Andeutung, wie man ihn technisch realisieren kann, wird in Abbildung 3 gezeigt. Wie unten noch diskutiert wird, kann man den Carnot-Prozess als ein einfaches Modell der Dampfmaschine verstehen, wobei Wasserdampf auf einem hohen Temperaturniveau T zur Verfügung steht und Wärme an die Umgebung der Temperatur T0 abgegeben wird.
Die Beschreibung der beiden isothermen und adiabatischen Zustandsänderungen lautet dann:
1 → 2: Isotherme Kompression
Das Gas befindet sich auf dem Temperaturniveau T0 der Umgebung. Es wird isotherm komprimiert. Dazu muss von außen Arbeit zugeführt und Wärme wird an die Umgang abgegeben.
2 → 3: Adiabatische Kompression
Das Gas wird wärmeisoliert und weiter komprimiert bis es die Temperatur T besitzt. Dazu muss nochmals von außen Arbeit zugeführt werden, die die innere Energie des Gases erhöht.
3 → 4: Isotherme Expansion Dem Gas wird Wärme zugeführt, wobei es aber die Temperatur T nicht verändert. Es dehnt sich aus und verrichtet Arbeit.
4 → 1: Adiabatische Expansion
Das Gas wird von der Umgebung isoliert, so dass es keine Wärme austauschen kann. Dabei kühlt sich das Gas bis zur Temperatur T0 ab und expandiert weiter; es wird nochmals Arbeit verrichtet.
Wird mit diesen Prozessen eine periodisch arbeitende Maschine betrieben, so kann die bei 1 → 2 zu verrichtende Arbeit etwa aus einem Schwungrad zurückgewonnen werden, da bei der Expansion 3 → 4 ein größerer Energiebetrag frei wird.
Der Carnot-Prozess als Modell der Dampfmaschine
Carnot wollte eigentlich die Dampfmaschine untersuchen, also die damals übliche Wärmekraftmaschine. Der Carnot-Prozess erlaubt eine physikalisch einfachere Beschreibung, aber wie Carnot zeigen konnte, enthält dessen Analyse sämtliche relevanten Eigenschaften.
Um den Unterschied zwischen dem Carnot-Prozess aus Abbildung 2 und 3 und der Arbeitsweise der Dampfmaschine zu verstehen, beginnt man die Beschreibung besser im Zustand 3 in Abbildung 2, also dem Zustand mit minimalem Volumen.
- Im Zustand 3 wird Dampf in den Zylinder eingeführt. Seine Temperatur kann dabei auch deutlich über 100°C liegen, wenn nur der Druck hoch genug ist.
- Die Expansion erfolgt dann durch die Zufuhr von Materie; gleichzeitig wird so garantiert, dass die Temperatur nahezu konstant bleibt.
- Die Zufuhr des Dampfes endet schon deutlich bevor das maximale Volumen erreicht ist. Denn jetzt kühlt sich der Dampf durch die Entspannung ab (bis etwa zum Außendruck p0), womit in guter Näherung eine adiabatische Zustandsänderung realisiert ist.
- Somit sind die beiden Zustandsänderungen 3 → 4 und 4 → 1, in denen der Dampf Arbeit verrichtet, nicht scharf voneinander zu trennen. Aber es entfallen das umständlich erscheinende Eintauchen in ein Wärmebad der Temperatur T sowie die anschließende Wärmeisolierung gegenüber der Umgebung (siehe Abbildung 3).
- Wenn im Zustand 1 das maximale Volumen erreicht ist, muss man dafür sorgen, dass der Dampf aus dem Arbeitsraum entweicht, um für den nächsten Arbeitsgang wieder den Zustand 3 herzustellen.
- Dazu wird der Dampf aus dem Zylinder gedrückt, wobei man von außen Arbeit verrichten muss. Diese Arbeit kann man sehr klein machen, indem man den Dampf in einen Bereich mit sehr kleinem Druck strömen lässt, wo er kondensiert.
Dies ist eine sehr schematische Beschreibung der Dampfmaschine; es gibt noch zahlreiche weitere technische Details, die für die folgende Untersuchungen nicht wichtig sind – sehr wohl, wenn man die Dampfmaschine verbessern möchte.
Die Formulierung der Hauptsätze der Thermodynamik
Wie in der Einführung angekündigt, sollen zwei Analysen des Carnot-Prozesses gezeigt werden:
- Einmal indem die Energiebilanz der Zustandsänderungen aufgestellt und damit der Wirkungsgrad berechnet wird.
- Indem eine beliebige Wärmekraftmaschine untersucht wird, die zwischen zwei Temperaturniveaus arbeitet.
Um besser zu verstehen, welche Voraussetzungen in diese Herleitungen einfließen, werden in Abbildung 4 die Hauptsätze der Thermodynamik formuliert.
Eine ausführlichere Erklärung dieser Formulierungen findet sich in Die Berechnung der Entropie des idealen einatomigen Gases.
Insbesondere wird dort eine andere, aber gleichwertige Formulierung des zweiten Hauptsatzes gezeigt:
Die Entropie S bleibt bei einem reversibel geführten Kreisprozess konstant und nimmt zu, wenn irreversible Vorgänge enthalten sind.
Die Analyse des Carnot-Prozesses
Analyse ohne Verwendung des zweiten Hauptsatzes
In Abbildung 2 und 3 wurde der Carnot-Prozess aus zwei isothermen und zwei adiabatischen Zustandsänderungen zusammengesetzt und gezeigt, wie man sich schematisch seine technische Realisierung vorstellen kann. In Abbildung 2 wurde auch schon eingetragen, bei welchen Zustandsänderungen mechanische Arbeit gewonnen beziehungsweise aufgewendet wird. Erstere sind nach der hier gültigen Vorzeichenkonvention negativ. Da die Isothermen bei unterschiedlichen Temperaturen durchlaufen werden – genauer: die Expansion bei höherer Temperatur – wird insgesamt Arbeit gewonnen. Und da ein Kreisprozess durchlaufen wird, ist die Änderung der inneren Energie U bei jedem Umlauf gleich null.
Abbildung 5 geht einige Schritte weiter:
- Rechts oben werden die Beziehungen zwischen Druck p und Volumen V bei den 4 Zustandsänderungen gezeigt, also zweimal das Boyle-Mariotte-Gestz und zweimal eine der Poisson-Gleichungen.
- Aus der thermischen Zustandsgleichung pV = nRT kann man jetzt für die isothermen Zustandsänderungen p als Funktion von V ausdrücken und das Arbeitsintegral berechnen. Da die Stammfunktion von 1/V der natürliche Logarithmus von V ist, erhält man die beiden Terme rechts für ΔW12 und ΔW34.
- Bei den adiabatischen Zustandsänderungen gilt ΔQ = 0 und daher ΔU = ΔW. Man kann daher ΔW23 und ΔW41 auch ohne Integration berechnen. Man verwendet dazu die Annahme, dass die molare Wärmekapazität CV nicht von der Temperatur abhängt (siehe rechts unten).
Mit den Vorbereitungen aus Abbildung 5 kann man den Wirkungsgrad der Wärmekraftmaschine berechnen (siehe Abbildung 6):
- Da sich ΔW23 und ΔW41 nur im Vorzeichen unterscheiden, muss man die mechanische Arbeit bei den adiabatischen Zustandsänderungen nicht einbeziehen. Oder anders formuliert: die Arbeit, die man bei der Expansion gewinnt, wird bei der Kompression aufgewendet.
- Die Arbeit, die man insgesamt gewinnt, entsteht somit bei den beiden isothermen Prozessen; der Nettogewinn ist der Zähler in Gleichung (2) in Abbildung 6.
- Die Wärme, die man von außen zuführen muss, ist ΔQ34 bei der isothermen Expansion (Nenner in Gleichung (2) in Abbildung 6).
- Der Wirkungsgrad als das Verhältnis von gewonnener Arbeit zu aufgewendeter Wärme (pro Umlauf) ergibt sich somit als Funktion der beiden Temperaturen T0 und T sowie der Volumina.
- Allerdings stellen sich aufgrund der Poisson-Gleichungen die Volumen-Verhältnisse als identisch heraus, so dass sich für den Wirkungsgrad η(T0, T) die einfache Funktion in Gleichung (3) ergibt.
Beispiel:
Betreibt man eine Dampfmaschine mit T = 100° C und T0 = 20° C, so beträgt der theoretisch mögliche Wirkungsgrad:
η = 80 K / 373 K = 21.4 %.
Verwendet man dagegen Wasserdampf mit T = 150° C, so beträgt der Wirkungsgrad schon
η = 130 K / 423 K = 30.7 %.
Bei einer weiteren Steigerung von T um 50° C, steigt der Wirkungsgrad aber nur auf
η = 180 K / 473 K = 38.1 %.
Daran erkennt man, dass die Funktion η(T0, T) als Funktion von T rechtsgekrümmt ist, also bei zunehmendem T immer flacher wird (und asymptotisch gegen 1 geht).
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Abbildung 7 zeigt den Verlauf von η(T0, T) für
T0 = 273 K, 293 K, 313 K, 333 K, 353 K, 373 K.
Die Voraussetzungen für der Berechnung des Wirkungsgrades
Bevor der allgemeinere Carnot-Faktor berechnet wird, soll ausdrücklich formuliert werden, welche Voraussetzungen in obige Herleitung der Formel für den Wirkungsgrad beim Carnot-Prozess eingehen (Gleichung (3) in Abbildung 6).
- Die thermische Zustandsgleichung des idealen Gases wird in ihrer speziellen Form für die isotherme und adiabatische Zustandsänderung verwendet, also das Boyle-Mariotte-Gestz und die Poisson-Gleichungen. Letztere kann man am Einfachsten herleiten, wenn man die Entropie als Funktion anderer Zustandsvariablen darstellt. Es ist aber nicht nötig, erst die Entropie zu definieren, um die Poisson-Gleichungen herzuleiten. Man erhält sie auch, wenn man davon ausgeht, dass bei einer adiabatischen Zustandsänderung keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht wird. Das Boyle-Mariotte-Gestz ist ein Spezialfall der thermischen Zustandsgleichung des idealen Gases; es war schon vor dessen Formulierung aus Experimenten abgeleitet worden.
- Der erste Hauptsatz wird verwendet, um bei den isothermen beziehungsweise adiabatischen Zustandsänderungen die Energiebilanz aufzustellen.
- Der letzte Punkt setzt implizit voraus, dass alle Zustandsänderungen reversibel ablaufen. Das heißt, dass eine Folge von Gleichgewichtszuständen durchlaufen wird und dass jeder Vorgang im Prinzip auch umgekehrt ablaufen könnte. Oder anders formuliert: Der Carnot-Prozess enthält keinen echt irreversiblen Vorgang, wie etwa eine freie Expansion oder einen Temperaturausgleich zwischen Körpern unterschiedlicher Temperatur. Falls doch, müsste man mehr mechanische Arbeit investieren, um den Kreisprozess aufrecht zu erhalten; der Nutzen wäre kleiner als der Zähler in Gleichung (2) in Abbildung 6.
- Bei den beiden adiabatischen Zustandsänderungen wird die identische Temperaturdifferenz durchlaufen, allerdings bei unterschiedlichen Volumina. Es wird angenommen, dass die zugehörigen Änderungen der inneren Energien identisch sind (also nur von der Temperaturdifferenz und nicht vom Volumen abhängen). Als Folge davon sind die mechanischen Arbeiten bei den adiabatischen Zustandsänderungen dem Betrag nach gleich groß.
- Bei der Berechnung wird vorausgesetzt, dass es sich um ein ideales Gas handelt; daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass sich bei einem nicht-idealen Gas ein anderer Wirkungsgrad ergibt. Dass sich der hier berechnete Wirkungsgrad nur mit einem idealen Gas erzielen lässt, wird nicht behauptet.
Herleitung des maximalen Wirkungsgrades einer Wärmekraftmaschine
Abstrakte Beschreibung einer Wärmekraftmaschine
Betrachtet man nochmals die Herleitung der Formel für den Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses (Gleichung (3) in Abbildung 6) sowie die dabei verwendeten Voraussetzungen, so kann man ich fragen, ob die Herleitung nicht auch in einer abstrakteren Sichtweise möglich ist:
- Der Carnot-Prozess wird als Kreisprozess geführt, das heißt aber, dass das ideale Gas nach je einem Umlauf exakt in den identischen Zustand zurückkehrt. Inwiefern sind dann die Zwischenzustände überhaupt relevant und kann man die Herleitung nicht auf eine größere Klasse von Kreisprozessen übertragen?
- Letzteres verdeutlicht nochmals, dass in die Berechnung des Wirkungsgrades lediglich Energien eingehen, die Wechselwirkungen zwischen den Wärmebädern und dem idealen Gas beschreiben beziehungsweise die mechanische Arbeit, die nach außen abgeführt wird. Suggeriert dies nicht, dass es eine Beschreibung des Kreisprozesses geben muss, die nur die Eigenschaften des Gesamtsystems (ideales Gas und Wärmebäder) berücksichtigt sowie die Energieströme zwischen den Teilsystemen?
- In die Berechnung des Wirkungsgrades gehen Energien ein, die oben für die speziellen Zustandsänderungen berechnet wurden. Ist es nicht möglich, diese Energien aus dem ersten und zweiten Hauptsatz abzuleiten, ohne die konkreten Prozesse anzugeben?
Die Arbeiten von Carnot und Clausius – mit Änderungen versteht sich – starteten bei der oben gezeigten Herleitung des Wirkungsgrades und führten über die soeben gestellten Fragen zur Formulierung des zweiten Hauptsatzes. Und dieser erlaubt tatsächlich, den Carnot-Prozess in der angedeuteten abstrakten Sichtweise zu beschreiben und den Wirkungsgrad aus dem zweiten Hauptsatz herzuleiten. Diese Herleitung zeigt dann zugleich, dass es keine Wärmekraftmaschine mit einem höheren Wirkungsgrad (als beim Carnot-Prozess) geben kann.
Berechnung des Wirkungsgrades einer Wärmekraftmaschine
Abbildung 8 zeigt links die soeben angedeutete abstrakte Sichtweise auf eine Wärmekraftmaschine (WK, gelb). Sie arbeitet zwischen zwei Wärmebädern der Temperaturen T und T0, wobei T > T0 und T0 meist die Temperatur der Umgebung ist.
Die Wärmekraftmaschine durchläuft einen Kreisprozess, was bedeutet, dass ihr Zustand nach einem Umlauf mit dem Anfangszustand übereinstimmt – daher müssen Veränderungen innerhalb der Wärmekraftmaschine nicht berücksichtigt werden.
Die Energiebilanz für das Gesamtsystem (Wärmebäder und Wärmekraftmaschine) pro Umlauf lässt sich dann leicht aufstellen – man muss nur auf die Vorzeichen achten, die von der Wärmekraftmaschine aus festgelegt werden:
- Das Wärmebad mit Temperatur T gibt eine Wärme Q an die Wärmekraftmaschine ab. Diese Energie wird positiv gezählt.
- Der Wärmekraftmaschine wird eine mechanische Arbeit W entnommen (diese ist jetzt negativ).
- Die Wärmekraftmaschine gibt eine Wärme Q0 an das Wärmebad mit Temperatur T0 ab (Q0 ist auch negativ).
Da keine weiteren Energien auftreten, erhält man aus dem ersten Hauptsatz (Vorzeichen beachten!):
Q + Q0 + W = 0.
Nach dem zweiten Hauptsatz ist ein Wärmestrom jeweils mit einem Entropiestrom verbunden; relevant sind hier zwei Entropieströme (siehe Abbildung 8 mitte):
- Das Wärmebad mit Temperatur T gibt die Entropie ΔS = Q/T an die Wärmekraftmaschine ab.
- Die Wärmekraftmaschine gibt die Entropie ΔS0 = Q0/T0 an das Wärmebad mit Temperatur T0 ab.
Die Vorzeichen dieser Entropieströme ergeben sich aus den Vorzeichen der Wärmen Q und Q0.
Weitere Entropien könnten noch auftreten, wenn zum Beispiel innerhalb der Wärmekraftmaschine irreversible Prozesse stattfinden oder es zu einem irreversiblen Wärmeaustausch zwischen der Wärmekraftmaschine und den Wärmebädern kommt.
Treten keine derartigen irreversiblen Prozesse auf, dann muss nach dem zweiten Hauptsatz gelten (wieder Vorzeichen beachten):
ΔS + ΔS0 ≥ 0.
Im Grenzfall – wenn keine Entropie produziert wird – gilt somit:
ΔS = -ΔS0.
Kombiniert man dies jetzt mit
- der Energiebilanz,
- den Terme für die Entropieströme und
- der Definition des Wirkungsgrades (als das Verhältnis der gewonnenen mechanischen Arbeit zur Wärme, die man dem Reservoir mit Temperatur T entnimmt),
erhält man die Formel für den Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses (siehe Abbildung 8 rechts). Und man erkennt an der Herleitung, dass ein Wirkungsgrad, der den Carnot-Faktor übertrifft, dem zweiten Hauptsatz widerspricht, da dann ΔS + ΔS0 < 0 gelten würde.
Damit hat man zwar die identische Formel wie in Abbildung 6 hergeleitet, aber jetzt hat sie einen größeren Gültigkeitsbereich: Sie beschreibt nicht nur den Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses, sondern zeigt, dass dieser durch keine Wärmekraftmaschine übertroffen werden kann, die ebenfalls zwischen den beiden Temperaturniveaus T und T0 betrieben wird.
Man könnte jetzt einen Schritt weiter gehen und fragen, ob und wie man die soeben angestellten Überlegungen nicht auf andere Formen der Energieumwandlung und den entsprechenden technischen Anwendungen übertragen kann. Dies soll an anderer Stelle geschehen.