Approximation von Funktionen durch Taylor-Polynome: Motivation und einfache Beispiele

An zwei einfachen Beispielen (Exponentialfunktion und Kosinusfunktion) wird die Vorgehensweise demonstriert, wie man zu einer gegeben Funktion das Taylor-Polynom berechnet: Am Entwicklungspunkt wird der Funktionswert und der Wert der Ableitungen (bis zum Grad n) berechnet. Das Taylor-Polynom ist das Polynom n-ten Grades, das genau diese Funktions- und Ableitungswerte im Entwicklungspunkt besitzt. Weitere Eigenschaften der Taylor-Entwicklung werden nur angedeutet, aber hier nicht diskutiert.

Einordnung des Artikels

Der Artikel setzt elementare Kenntnisse der Differentialrechnung und über die Fakultät voraus.

Einführung

Ziel dieses Artikels ist es nicht die gesamte Theorie zu den Taylor-Polynomen und Taylor-Reihen darzustellen. Vielmehr soll die grundlegende Fragestellung ausführlich erläutert werden.

Eine Funktion f(x) soll durch ein Polynom approximiert werden, wobei man sich einen speziellen x-Wert – den sogenannten Entwicklungspunkt – vorgibt, an dem die Approximation "besonders gut" ist.

Was hier mit "besonders gut" gemeint ist, muss natürlich quantifiziert werden. Der Ansatz, der unten an Beispielen ausführlich erläutert wird, besteht darin zu fordern, dass am Entwicklungspunkt:

  1. der Funktionswert f(x0) mit dem Wert des Polynoms übereinstimmt und
  2. die ersten n Ableitungen f(n)(x0) am Entwicklungspunkt mit den entsprechenden Ableitungen des Polynoms übereinstimmen.

Man kann dann zeigen, dass diese Forderungen die Koeffizienten eines Polynoms vom Grad n eindeutig bestimmen; dieses Polynom wird das Taylor-Polynom oder die Taylor-Approximation der Funktion f(x) genannt.

Weiterführende Fragestellungen, die sich zwangsläufig aus der Berechnung des Taylor-Polynoms ergeben, werden hier nicht untersucht, sondern nur angedeutet.

Motivation des Taylor-Polynoms

Transzendente Funktionen

Zahlreiche Funktionen werden abstrakt definiert, ohne eine Formel anzugeben, wie die Funktionswerte zu berechnen sind. Vergleicht man etwa eine Polynomfunktion mit der Sinusfunktion, so kann man die Problemstellung besser formulieren, wozu Taylor-Polynome eingeführt werden.

In Gleichung (1, 2) in Abbildung 1 ist eine Polynomfunktion pn vom Grad n gezeigt. Ist ein spezieller x-Wert gegeben, für den das Polynom ausgewertet werden soll, so kann man leicht abzählen, wie viele Rechenschritte (Additionen und Multiplikationen) hierfür nötig sind. Egal wie hoch der Grad n des Polynoms ist, es handelt sich um endlich viele Rechenschritte.

Die Sinusfunktion zu einem gegebenen Winkel x (im Bogenmaß) wird meist dadurch definiert, dass man ausgehend vom Punkt (1, 0) den Winkel x auf dem Einheitskreis einzeichnet und für den Endpunkt die y-Koordinate bestimmt. Dieser Wert y definiert den Sinus des Winkels x:

y = sin x.

Über diese Definition wird zwar dem Winkel x ein eindeutiger Wert y zugeordnet, aber es ist nicht klar, wie x tatsächlich berechnet werden kann und ob dies tatsächlich in endlich vielen Rechenschritten erfolgen kann. Lediglich für spezielle Werte von x kann man den Wert der Sinusfunktion mit einfachen geometrischen Überlegungen berechnen; im Allgemeinen kann man aus der Definition der Sinusfunktion nicht darauf schließen, wie ein Funktionswert berechnet wird.

Abbildung 1: Definition einer Polynomfunktion mit reellen Koeffizienten a<sub>i</sub> und des Grades n eines Polynoms als der höchsten Potenz von x.Abbildung 1: Definition einer Polynomfunktion mit reellen Koeffizienten ai und des Grades n eines Polynoms als der höchsten Potenz von x.

Das Taylor-Polynom als Approximation einer Funktion

Der Vergleich zwischen Polynomen und einer transzendenten Funktion (wie der Sinusfunktion) zeigt den wichtigsten Grund, weshalb Taylor-Polynome eingeführt wurden:

Zu einer gegebenen Funktion f(x) soll eine Approximation durch ein Polynom gefunden werden.

Diese Aussage ist noch viel zu vage; daher muss jetzt ein Kriterium festgelegt werden, das schärfer formuliert, in welchem Sinn das Polynom die Funktion f(x) approximiert.

Dazu werden zunächst zwei Größen festgelegt:

  1. Ein Entwicklungspunkt x0 im Inneren des Definitionsbereiches der Funktion f(x).
  2. Eine Ordnung n der Approximation, wobei n eine beliebige natürliche Zahl n = 0, 1, 2, ... sein kann.

Am Entwicklungspunkt soll die Funktion f(x) möglichst gut mit dem approximierenden Polynom übereinstimmen. Was hier unter "möglichst gut" zu verstehen ist, wird mit Hilfe des Funktionswertes f(x0) und der Ableitungen

f(i) (x0), i = 1, 2, ..., n

formuliert.

Als Approximation der Ordnung n wird ein Polynom pn(x) n-ten Grades bezeichnet, das am Entwicklungspunkt x0 im Funktionswert und in den ersten n Ableitungen mit der Funktion übereinstimmt, also:

pn(i)(x0) = f(i)(x0), i = 0, 1, 2, ..., n.

Die Ordnung n der Taylor-Approximation hat somit eine doppelte Bedeutung:

  1. Sie legt den Grad n des Taylor-Polynoms pn(x) fest.
  2. Sie legt fest bis zu welcher Ableitung am Entwicklungspunkt die Funktion und das Taylor-Polynom übereinstimmen sollen.

Damit werden n+1 Gleichungen aufgestellt, aus denen sich die n+1 Koeffizienten des Taylor-Polynoms pn(x) eindeutig bestimmen lassen. Dies setzt natürlich voraus, dass die Funktion f(x) am Entwicklungspunkt n-mal differenzierbar ist. (Wenn unten Beispiele besprochen werden, dann werden unendlich oft differenzierbare Funktionen verwendet.)

In Abbildung 2 wird für n = 0, 1 und 2 ausführlich gezeigt, wie diese Gleichungen lauten:

  1. Für n = 0 gibt es nur eine Gleichung, nämlich die Gleichheit von Funktionswert und Taylor-Polynom am Entwicklungspunkt (siehe Gleichung (1)).
  2. Für n = 1 gibt es wieder die Gleichheit von Funktionswert und Taylor-Polynom (Gleichung (2)) und zusätzlich die Gleichheit der ersten Ableitungen (Gleichung (3)).
  3. Für n = 2 ergeben sich eigentlich drei Gleichungen; die ersten beiden stimmen mit den Gleichungen für die Koeffizienten des Taylor-Polynoms erster Ordnung überein. Neu ist die dritte Gleichheit, nämlich die für die zweiten Ableitungen (Gleichung (6)).
  4. Im allgemeinen Fall gibt es zu einer natürliche Zahl n die n+1 Gleichheiten aus (Gleichung (7)).

Abbildung 2: Zu einem vorgegebenen Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> und einer Ordnung n werden die n+1 Gleichungen aufgestellt, aus denen das Taylor-Polynom vom Grad n bestimmt wird. Dies geschieht zuerst für die Spezialfälle n=0, 1, 2 und dann allgemein für eine beliebige natürliche Zahl n.Abbildung 2: Zu einem vorgegebenen Entwicklungspunkt x0 und einer Ordnung n werden die n+1 Gleichungen aufgestellt, aus denen das Taylor-Polynom vom Grad n bestimmt wird. Dies geschieht zuerst für die Spezialfälle n = 0, 1, 2 und dann allgemein für eine beliebige natürliche Zahl n.

Im Folgenden werden einige Beispiele gezeigt, an denen man leicht nachvollziehen kann, wie das Taylor-Polynom berechnet wird und warum es eindeutig bestimmt ist.

Beispiele

An zwei einfachen Beispielen sollen die Taylor-Polynome zum Entwicklungspunkt x0 = 0 berechnet und dargestellt werden. Als Beispiele werden gewählt:

  1. Die Exponentialfunktion exp(x) mit der Eulerschen Zahl als Basis.
  2. Die Kosinusfunktion cos(x).

Beide Funktionen können nicht als Polynome dargestellt werden, da jedes Polynom (ausgenommen konstante Funktionen, die hier nicht in Frage kommen) im Unendlichen gegen +∞ oder -∞ geht. Die Exponentialfunktion besitzt aber den Grenzwert:

exp(x) → 0 für x → -∞

Und die Kosinusfunktion besitzt als Wertemenge das Intervall von -1 bis +1 und ist somit beschränkt.

Das Taylor-Polynom für die Exponentialfunktion zum Entwicklungspunkt null

Da bei der Exponentialfunktion f(x) = exp(x) die Ableitung wiederum die Exponentialfunktion exp(x) ist, und

exp(0) = 1

ist, gilt für alle Ableitungen an der Stelle x = 0:

f(n)(0) = 1 für n = 1, 2, ...

Setzt man jetzt wie in Abbildung 2 der Reihe nach die Taylor-Polynome der Ordnung n an, so kann man sukzessive die Koeffizienten ai der Polynome berechnen. In Abbildung 3 werden die Taylor-Polynome von der nullten bis zur dritten Ordnung ausdrücklich berechnet. Man erkennt, dass zur Berechnung des Taylor-Polynoms n-ter Ordnung genau n+1 Gleichungen verwendet werden, um die n+1 Koeffizienten des Polynoms zu bestimmen; in der Berechnung des Taylor-Polynoms zweiter beziehungsweise dritter Ordnung wird nur noch die Gleichung für die zweite beziehungsweise dritte Ableitung gezeigt, da die anderen Gleichungen identisch sind zu jenen, die bei der Berechnung der niedrigeren Ordnungen verwendet wurden.

Abbildung 3: Berechnung der Taylor-Approximationen der Exponentialfunktion am Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0 von nullter bis dritter Ordnung.Abbildung 3: Berechnung der Taylor-Approximationen der Exponentialfunktion am Entwicklungspunkt x0 = 0 von nullter bis dritter Ordnung.

In Abbildung 4 wird dann allgemein für eine natürliche Zahl n die Taylor-Approximation n-ter Ordnung berechnet.

Abbildung 4: Berechnung der Taylor-Approximation der Exponentialfunktion am Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0 von n-ter Ordnung.Abbildung 4: Berechnung der Taylor-Approximation der Exponentialfunktion am Entwicklungspunkt x0 = 0 von n-ter Ordnung.

In den Abbildungen 5 und 6 werden die Taylor-Polynome von nullter bis 11. Ordnung (blau und gestrichelt) sowie die Exponentialfunktion exp(x) (rot) dargestellt. Man erkennt wie mit zunehmender Ordnung der Bereich anwächst, in dem das Taylor-Polynom sehr gut mit der Exponentialfunktion übereinstimmt.

Abbildung 5: Darstellung der Taylor-Approximationen (blau) der Exponentialfunktion (rot) am Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0 von nullter bis fünfter Ordnung.Abbildung 5: Darstellung der Taylor-Approximationen (blau) der Exponentialfunktion (rot) am Entwicklungspunkt x0 = 0 von nullter bis fünfter Ordnung.

Abbildung 6: Darstellung der Taylor-Approximationen (blau) der Exponentialfunktion (rot) am Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0 von 6. bis 11. Ordnung.Abbildung 6: Darstellung der Taylor-Approximationen (blau) der Exponentialfunktion (rot) am Entwicklungspunkt x0 = 0 von 6. bis 11. Ordnung.

In Abbildung 7 werden die Exponentialfunktion (rot) und die Taylor-Polynome aus den Abbildungen 5 und 6 in einem Diagramm dargestellt. Man erkennt jetzt, dass mit zunehmender Ordnung die Approximation "besser" wird, wobei man noch nicht quantifizieren kann, was unter einer besseren Approximation zu verstehen ist. Zudem erkennt man andeutungsweise:

Abbildung 7: Darstellung der Exponentialfunktion (rot) und der Taylor-Polynome (gestrichelt) der Ordnung 0 bis 11 zum Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0.Abbildung 7: Darstellung der Exponentialfunktion (rot) und der Taylor-Polynome (gestrichelt) der Ordnung 0 bis 11 zum Entwicklungspunkt x0 = 0.

Das Taylor-Polynom für die Kosinusfunktion zum Entwicklungspunkt null

Die Vorgehensweise aus Abbildung 2 wird jetzt auf die Kosinusfunktion f(x) = cos(x) zum Entwicklungspunkt x0 = 0 angewendet. Ausgehend von f(0) = 1 kann man aus den Ableitungen der Kosinusfunktion an der Stelle x0 = 0 die Koeffizienten der Taylor-Polynome berechnen.

Dazu verwendet man, dass sich die Ableitungen der Kosinusfunktion durch die in Abbildung 8 dargestellte Kette leicht berechnen lassen, wodurch sich die Koeffizienten als Kehrwerte von Fakultäten (mit wechselndem Vorzeichen) darstellen lassen. Das Taylor-Polynom besteht dann nur aus geraden Potenzen von x.

Abbildung 8: Herleitung der Taylor-Polynome der Funktion f(x) = cosx zum Entwicklungspunkt x<sub>0</sub>.Abbildung 8: Herleitung der Taylor-Polynome der Funktion f(x) = cosx zum Entwicklungspunkt x0.

Die folgenden Abbildungen 9 und 10 zeigen die Kosinusfunktion und die Taylor-Polynome bis zur Ordnung 10 beziehungsweise 22.

Abbildung 9: Graphische Darstellung der Kosinusfunktion (rot) sowie der Taylor-Polynome (gestrichelt) der Ordnung 0 bis 10 zum Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0.Abbildung 9: Graphische Darstellung der Kosinusfunktion (rot) sowie der Taylor-Polynome (gestrichelt) der Ordnung 0 bis 10 zum Entwicklungspunkt x0 = 0.

Abbildung 10: Graphische Darstellung der Kosinusfunktion (rot) sowie der Taylor-Polynome(gestrichelt) der Ordnung 12 bis 22 zum Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0.Abbildung 10: Graphische Darstellung der Kosinusfunktion (rot) sowie der Taylor-Polynome(gestrichelt) der Ordnung 12 bis 22 zum Entwicklungspunkt x0 = 0.

Die Taylor-Polynome aus den beiden vorhergehenden Abbildungen werden zusammen mit der Kosinusfunktion in einem Diagramm dargestellt. Man kann jetzt sehr gut erkennen, wie mit zunehmender Ordnung das Intervall größer wird, auf dem das Taylor-Polynom die Kosinusfunktion gut approximiert. Aber für große Werte von |x| gehen die Polynome schnell gegen +∞ oder -∞. Eine quantitative Aussage über die Güte der Approximation kann man aus den Abbildungen natürlich nicht gewinnen.

Abbildung 11: Gemeinsame Darstellung der Kosinusfunktion (rot) und der Taylor-Polynome (gestrichelt) der Ordnung 0 bis 22 (gestrichelt) zum Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0.Abbildung 11: Gemeinsame Darstellung der Kosinusfunktion (rot) und der Taylor-Polynome (gestrichelt) der Ordnung 0 bis 22 (gestrichelt) zum Entwicklungspunkt x0 = 0.

Zusammenfassung und Ausblick auf weitere Fragestellungen

Aus den bisherigen Überlegungen ergeben sich sofort weitere Fragestellungen, die hier nicht diskutiert werden. Sie sollen aber kurz besprochen werden, um besser zu verstehen, welche Tragweite die Taylor-Entwicklung für die gesamte Analysis hat.

Zusammenfassung

An den beiden Beispielen (Exponentialfunktion und Kosinusfunktion) wurde gezeigt, wie man zu einer gegebenen Funktion f(x) das Taylor-Polynom n-ter Ordnung mit Entwicklungspunkt x0 = 0 berechnet (siehe Abbildung 12):

  1. Die Funktion f(x) muss in x0 = 0 mindestens n-mal differenzierbar sein (siehe Gleichung (1) in Abbildung 12).
  2. Der Ansatz erfolgt mit Hilfe ein Polynoms pn(x) vom Grad n (siehe Gleichung (2) in Abbildung 12).
  3. Gefordert wird nun, dass am Entwicklungspunkt x0 = 0 sowohl die Funktionswerte als auch die Werte der ersten n Ableitungen der Funktion f(x) und des Polynoms pn(x) übereinstimmen (siehe Gleichung (3, 4) in Abbildung 12).

Aus diesen Gleichheiten kann man sukzessive die Koeffizienten des Polynoms pn(x) berechnen (siehe Gleichung (5) in Abbildung 12). Dadurch erhält man das Polynom pn(x), das auf allen reellen Zahlen definiert ist (siehe Gleichung (6) beziehungsweise (7) in Abbildung 12).

Wie an den Abbildungen für die Exponential- und Kosinusfunktion deutlich zu erkennen ist, kann man erwarten, dass das Polynom in der Umgebung des Entwicklungspunktes x0 = 0 eine gute Näherung der Funktion f(x) darstellt und dass diese Näherung besser wird, wenn die Ordnung n der Approximation zunimmt.

Abbildung 12: Zusammenfassung: Berechnung des Taylor-Polynoms einer Funktion f(x) zum Entwicklungspunkt x<sub>0</sub> = 0.Abbildung 12: Zusammenfassung: Berechnung des Taylor-Polynoms einer Funktion f(x) zum Entwicklungspunkt x0 = 0.

Entwicklungspunkt ungleich null

In den Beispielen oben wurde stets als Entwicklungspunkt x0 = 0 gewählt. Es sollte nicht schwer sein, auch für andere Entwicklungspunkte ein Taylor-Polynom zu berechnen, da der Punkt x0 = 0 keine besondere Bedeutung hat. Diese Verallgemeinerung wird überall in der Literatur im Zusammenhang mit der Taylor-Entwicklung diskutiert.

Genauigkeit der Approximation

Oben wurde diskutiert, dass die Taylor-Approximation verwendet wird, um zum Beispiel die Werte von transzendenten Funktionen f(x) näherungsweise zu berechnen. Dies heißt aber, dass man f(x) nicht kennt, sondern sich darauf verlassen muss, dass das Taylor-Polynom pn(x) eine "gute" Approximation liefert. Die unmittelbare Frage ist daher unsinnig:

Wie groß ist die Differenz f(x) - pn(x) für einen x-Wert, der nicht mit dem Entwicklungspunkt übereinstimmt?

Aber man kann eine sinnvolle Fragestellung daraus ableiten:

Wurde f(x) im Punkt x0 in ein Taylor-Polynom pn(x) entwickelt und ist |x - x0| bekannt: Kann man allein aus der Kenntnis von n und x0 auf den Wert der Größe von |f(x) - pn(x)| schließen?

Denn dann hätte man eine Aussage über die Qualität der Approximation – ohne den Funktionswert f(x) tatsächlich zu berechnen. Erst die Tatsache, dass man eine Abschätzungen für |f(x) - pn(x)| angeben kann, begründet die Wichtigkeit der Taylor-Entwicklung für praktische Anwendungen.

Konvergenz für welche Funktionen und in welchem Sinn?

Die Abbildungen oben suggerieren, dass das Taylor-Polynom eine gute Approximation der Funktion f(x) darstellt, sie können aber niemals eine quantitative Aussage darüber ersetzen, in welchem Sinn hier von einer Approximation gesprochen werden kann. Verknüpft mit der Frage nach der "Güte der Approximation" sind natürlich die Fragen:

  1. Für welche Funktionen f(x) ist das Taylor-Polynom pn(x) eine gute Approximation von f(x)?
  2. Oder gibt es umgekehrt Beispiele, bei denen sich das Taylor-Polynom nach dem gezeigten Verfahren zwar berechnen lässt, aber das Taylor-Polynom offensichtlich nicht die Funktion f(x) approximiert? Und wenn ja, woran erkennt man, dass dieser Fall eintreten kann?
  3. Wenn das Taylor-Polynom pn(x) die Funktion f(x) approximiert, dann muss sich ein Konvergenz-Begriff finden lassen, in welchem Sinn die Konvergenz pn(x) → f(x) gegeben ist. Es gibt verschiedene Begriffe dafür, in welchem Sinn Funktionenfolgen gegen einen Grenzwert konvergieren. Es ist also zu untersuchen, welcher Konvergenz-Begriff hier geeignet ist.

Potenzreihen

Die Beispiele mit der Exponentialfunktion und der Kosinusfunktion haben gezeigt, dass sich die Koeffizienten des Taylor-Polynoms leicht berechnen lassen, da die Funktionen unendlich oft differenzierbar sind und die Ableitungen eine einfache Regelmäßigkeit aufweisen. Der Grad des Taylor-Polynoms kann daher beliebig groß werden und es ist naheliegend zu fragen, ob man zur unendlichen Summe übergehen kann.

Liest man die bisher beschriebenen Fragestellungen unter diesem Aspekt, so ergibt sich eine weitere Frage: Lässt man beliebige Entwicklungspunkte zu und geht man von einem endlichen Taylor-Polynom zu einer unendlichen Potenzreihe über, so kann man untersuchen, welche Eigenschaften diese Potenzreihen haben und welcher Zusammenhang zu der Funktion f(x) besteht, für die das Taylor-Polynom berechnet wurde.

Zur Untersuchung von Potenzreihen ist natürlich die Frage nach ihrer Konvergenz zentral: